Welche Macht haben eigentlich Inkassounternehmen?

Welche Macht Inkassounternehmen haben

Jeder freut sich über einen Brief, solange es sich dabei nicht um eine Rechnung oder Werbung handelt. Viel unangenehmer noch ist ein Schreiben, das von einem Inkassounternehmen kommt. Wenn Sie einmal solche Post erhalten haben, kennen Sie das. Diese Unternehmen sind schwer greifbar, fordern eine Menge Geld und drohen mit harten Sanktionen. Hat Sie ein Inkassobüro im Visier, ist schnelles Handeln gefordert. Wie weit diese Firmen gehen dürfen, um ihre Forderungen einzutreiben und worauf Sie in einem solchen Fall achten sollten, erfahren Sie in unserem Artikel.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Inkassobüro muss Ihnen stets mitteilen, seit wann und weshalb seine Forderung besteht
  • Lassen Sie sich von den Drohkulissen eines Inkassoschreibens keinesfalls einschüchtern
  • Legen Sie beim geringsten Zweifel Widerspruch ein
  • Inkassounternehmen fordern offene Beträge meist auf eigene Rechnung ein
  • Gehen Sie gegen unseriöse Inkassofirmen im Extremfall juristisch vor

Nach welchem Prinzip Inkassounternehmen arbeiten

Inkassodienstleister sind Unternehmen, die darauf spezialisiert sind, offenstehende Rechnungen einzutreiben. Meist kaufen sie Forderungen von Firmen oder Dienstleistern auf und kümmern sich dann darum, dass ein vermeintlicher Schuldner diese bezahlt. Durch die teilweise horrenden Aufschläge erwirtschaften Inkassobetriebe ihre Gewinne. Ein solches Unternehmens kann grundsätzlich jeder beauftragen, der Dienstleistungen oder Waren anbietet. Für Kunden eines Inkassobüros liegen die Vorteile auf der Hand: als Rechnungssteller muss man sich nicht selbst mit langwierigen Mahnverfahren herumschlagen, wenn das Geld nicht binnen Zahlungsfrist eingeht. Diese Praxis hat in den vergangenen Jahren zugenommen, wobei die Summen, die Inkassobüros an zusätzlichen Gebühren verlangen nicht selten sehr hoch sind.

Wenn Sie eine Rechnung nicht fristgerecht bezahlen, kann Ihnen unter Umständen auch ohne vorherige Zahlungserinnerung oder Mahnung ein Schreiben eines solchen Unternehmens drohen. In dem Fall nämlich, dass ein klar formuliertes Zahlungsdatum oder eine bestimmte Frist auf der Rechnung vermerkt ist. Bei vielen Verkehrsbetrieben ist es mittlerweile gängige Praxis, dass diese ihre Forderungen gegenüber Schwarzfahrern direkt an Inkassobüros abtreten. Aber auch ein Fitnessstudio oder Handwerker kann zu einer solchen Maßnahme greifen. Wobei hier in der Regel mit mehr Kulanz zu rechnen ist, da diese ein großes Interesse daran haben, Sie als Kunden nicht zu verlieren.

Inkassounternehmen arbeiten nach der Methodik, ihre Schuldner von Anfang an unter Druck zu setzen. Dazu gehört eine relativ knappe Zahlungsfrist sowie der Aufbau einer Drohkulisse. Ihnen wird als angeblichem Schuldner direkt mit diversen Maßnahmen gedroht, die von negativen Schufa-Einträgen über eine Gehalts- oder Kontopfändung bis hin zu einem gerichtlichen Mahnbescheid reichen können. Damit sollen Sie eingeschüchtert werden mit dem Ziel, den säumigen Betrag mitsamt allen Zusatzkosten schnell an das Inkassounternehmen zu überweisen. Ob die eigentliche Forderung, die einem solchen Schreiben zu Grunde liegt, begründet ist oder nicht, spielt für ein Inkassounternehmen in der Regel keine Rolle.

So verhalten Sie sich bei berechtigten Forderungen richtig

Sobald Ihnen gegenüber ein Inkassounternehmen als Gläubiger auftritt, sollten Sie schnell handeln und unter keinen Umständen den Überblick verlieren. Stellen Sie als erstes fest, ob die vermeintlich überfällige Forderung berechtigt ist. Haben Sie tatsächlich eine Rechnung vergessen und schulden Sie einer Firma Geld, sollten Sie die Summe überweisen. Um die angefallenen Zusatzkosten, die das Inkassobüro verlangt, werden Sie dann auch kaum herumkommen – zumindest teilweise. In der Mehrzahl der Fälle sind diese Beträge überzogen und stehen in keinem Verhältnis zu ansonsten üblichen Mahnkosten, die lediglich ein paar Euro betragen. Nach Auffassung der Verbraucherzentrale Hamburg sind für einen angemahnten Rechnungsbetrag in Höhe von beispielsweise 450 Euro als Aufwandsentschädigung 27 Euro an Gebühren angemessen. Wahrscheinlicher ist aber, dass Inkassofirmen wesentlich mehr von Ihnen verlangen. Beruft sich das Inkassounternehmen auf das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), kann es bei der genannten Beispielsumme bis zu 112,50 Euro draufschlagen.

Indem Sie bezahlen und den Aufschlag als „Lehrgeld“ für sich verbuchen, schaffen Sie die Sache zeitnah und ohne weitere Risiken aus der Welt. Sie sollten sich allerdings mit der Gegenseite in Verbindung setzen und eine gütliche Einigung anstreben. Mit etwas Glück kommt Ihnen die Inkassofirma bei ihren Zusatzforderungen ein Stück entgegen. Diese Lösung schlägt Verbraucherrecht-Experte Thomas Hollweck vor und begründet das damit, dass auch Inkassounternehmen letztlich ein langwieriges Gerichtsverfahren vermeiden möchten. Wie weit Sie damit kommen, dürfte nicht zuletzt von der Kompromissbereitschaft der jeweiligen Inkassogesellschaft abhängen. Schließlich gehen wir in dieser Konstellation zunächst davon aus, dass der Vorgang auf einer berechtigten Hauptforderung beruht. Sollten die Forderungen Ihre finanziellen Verhältnisse übersteigen, lässt sich mit seriösen Inkassounternehmen meist auch über eine Ratenzahlung reden.

So gehen Sie gegen unberechtigte Forderungen vor

Werden Sie durch ein Inkassobüro zur Zahlung einer unberechtigten Forderung angemahnt, sollten Sie dagegen unter allen Umständen eigene Schritte vornehmen. Voraussetzung hierfür ist zum Beispiel eine fehlerhafte Rechnung oder gar in Rechnung gestellte Waren oder Dienstleistungen, die Sie niemals in Anspruch genommen haben. Eine Rechnung kann dann als fehlerhaft gelten, wenn sie nicht ordnungsgemäß verfasst oder zugestellt wurde. Hinter falsch in Rechnung gestellten Kosten kann allerdings auch eine Abo-Falle stecken. Sollten Sie einen Monat lang keine Grundgebühr für Ihren Internetanschluss bezahlt haben, da dieser nicht funktionierte, kann auch das zu einem Schreiben eines Inkassobüros führen. Wenn Sie das so vereinbart hatten, kann in einem solchen Fall ein Fehler seitens der Kundenbetreuung zum Mahnschreiben einer Inkassofirma führen. Von größter Bedeutung ist es dann immer, dass Sie unmittelbar reagieren und keine Zeit verlieren.

Falls die Hauptforderung eines Inkassoschreibens zu Unrecht besteht, sollten Sie zeitnah, schriftlich und umfassend widersprechen. Schildern Sie in Ihrem Widerspruch ausführlich und deutlich, weshalb die Forderung aus Ihrer Sicht nicht berechtigt ist und Sie diese ablehnen. Für einen möglicherweise später nötigen Nachweis ist es ratsam, einen solchen Widerspruch schriftlich per Einschreiben mit Rückschein, per Fax mit Sendebestätigung oder als Email mit Lesebestätigung zu verschicken. Alle drei Möglichkeiten zusammen bieten Ihnen den besten Nachweis, sollte es zu einer juristischen Auseinandersetzung kommen. Kontaktieren Sie auch den Rechnungssteller, von dem das Inkassobüro seine vermeintlichen Forderungen gegen Sie erhalten hat. Setzen Sie Ihrerseits auch eine Frist, in der Sie die Stellungnahme der Gegenseite erwarten. Handelt es sich um eine seriöse Inkassofirma, wird diese spätestens nach Ihrer ausführlichen Stellungnahme wiederum bei ihrem Auftraggeber nachfragen und Ihnen auch das Ergebnis mitteilen. Die ursprünglich gesetzte Zahlungsfrist verlängert sich zusätzlich, wenn Klärungsbedarf herrscht. Was Ihnen in jedem Falle schaden wird, ist das Unterlassen jeglicher Handlung oder Reaktion.

Wenn Forderungen gegen Sie nachweislich aus der Luft gegriffen sind und Ihr Widerspruch bei dem Inkassobüro nicht fruchtet, sollten Sie sich Unterstützung holen. Diese kann Ihnen ein Anwalt, eine Schuldnerberatung oder auch die Verbraucherschutzzentrale in Ihrer Nähe bieten. Im Internet lassen sich Anwälte ausfindig machen, die Ihnen eine Erstberatung kostenfrei anbieten. Wenn Sie ein Rechtsanwalt vertritt und sich mit dem Inkassounternehmen in Verbindung setzt, kann das unter Umständen mehr bewirken als Ihr Widerspruch als Laie. Über die Verbraucherzentrale Hamburg können Sie auch einen unverbindlichen „Inkasso-Check“ durchführen, den Sie hier finden. Damit erhalten Sie eine Prüfung, ob die Forderungen gegen Sie rechtens sind oder welche Kosten Sie letztlich nicht zu tragen haben. Bedenken Sie, dass Sie als Verbraucher selbst 3 Jahre nach einem Einkauf oder Vertragsabschluss noch belangt werden können, falls es einmal zu Unstimmigkeiten bezüglich Rechnung oder Zahlung gekommen ist.

Indem Sie bereits nach dem Erhalt einer mangelhaften Rechnung Widerspruch in Schriftform einlegen, sichern Sie sich in allen Fällen ab. Nehmen Sie nach Erhalt einer Rechnung mit Unklarheiten zeitnah Kontakt mit dem Lieferanten oder Verkäufer auf, indem Sie um Klärung oder Korrektur bitten. Kommt es trotz laufender Korrespondenz nach der ursprünglich gesetzten Zahlungsfrist zu einem Inkassoverfahren, ist das in der Regel ungültig. Sie kommen nämlich erst dann in Verzug, wenn Sie das Zahlungsziel NACH einer korrekt begründeten Rechnungsstellung versäumen.

Unbedingt beachten!

So handeln Sie bei einem gerichtlichen Mahnbescheid

Ein solcher Titel klingt zunächst sehr unangenehm, dabei stellt er nicht mehr als ein standardisiertes Verfahren dar. Ein Solches kann ein Inkassounternehmen gegen Sie zwar einleiten, um den Druck zusätzlich zu erhöhen. Einem gerichtlichen Mahnbescheid können Sie allerdings leicht entgegenwirken, indem Sie binnen 14 Tagen Widerspruch beim zuständigen Amtsgericht einlegen. Hierfür müssen Sie lediglich das beigefügte rosafarbene Formular ausgefüllt zurückschicken. Beachten Sie dabei, dass Sie den Forderungen vollumfänglich widersprechen. Um Ihrem Schuldner keinen vollstreckbaren Titel zu ermöglichen, ist diese Formalität besonders wichtig. Wenn Sie Ihren Widerspruch lediglich zu Teilen einlegen, können unter Umständen Restforderungen gegen Sie bestehen bleiben. Selbst wenn Teile einer Forderung berechtigt sind, sollten Sie dennoch in vollem Umfang widersprechen und sich mit dem Inkassobüro auf eine außergerichtliche Einigung verständigen.

Wenn Sie einem gerichtlichen Mahnbescheid fristgerecht widersprechen, vermeiden Sie einen Negativeintrag bei der Schufa ebenso wie eine mögliche Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher. Diese Maßnahmen sind gegen Sie ohne gerichtlichem Urteil nicht ohne Weiteres möglich. Androhungen dieser Art sollen Sie lediglich weiter einschüchtern und zu einer Zahlung veranlassen.

Widerspruch gegen den Mahnbescheid

Inkassounternehmen können keine Haft anordnen

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, kündigen Inkassoagenturen in der Regel weitreichende Konsequenzen an. Diese können von Pfändung oder Anzeige wegen Betrugs mitunter auch bis hin zur Haftandrohung reichen. Um aufgrund nicht bezahlter Rechnungen ins Gefängnis zu kommen, müssen allerdings eine Reihe von Gründen zusammenkommen. Ihr Gläubiger muss zunächst einen Vollstreckungstitel durch das Gericht erhalten haben. Dazu kommt dann, dass Sie Ihre Verbindlichkeiten weiterhin nicht bezahlen, eine Vollstreckung erfolglos bleibt und Sie zusätzlich eine Vermögensauskunft trotz Aufforderung nachhaltig verweigern. Bis all diese Dinge in Summe auflaufen, haben Sie ausreichend Gelegenheiten, um zu beweisen, dass die Forderungen gegen Sie haltlos sind.

So unterschieden Sie seriöse von unseriösen Inkassobüros

Wenn die gegen Sie erhobenen Forderungen jeglicher Grundlage entbehren und Sie Widerspruch einlegen, können Sie bereits an der Reaktion des Inkassounternehmens einiges ablesen. Eine glaubwürdige Firma wird sich um Klärung bemühen und Ihnen darstellen, wie es zu dem Verfahren gekommen ist. In der Regel erwerben Inkassoagenturen die Forderungsrechte ohne die genaueren Details oder Hintergründe zu kennen. Erhalten Sie auf Anfrage Informationen zur ursprünglichen Hauptforderung sowie eine Aufschlüsselung der zusätzlich angefallenen Kosten, ist das als Indiz für ein seriöses Unternehmen zu werten. Laut Gesetz sind Inkassofirmen Ihnen gegenüber dazu verpflichtet, klare Auskunft darüber zu erteilen, für welche Leistungen es welchen Betrag einfordert. Sie werden nach einer solchen Information eine Fristverlängerung bekommen und zudem die Gelegenheit, Stellung zu der Forderung zu beziehen.

Das Gegenteil wird der Fall sein, wenn ein unseriöses Inkassobüro versucht, an Ihr Geld zu kommen. Dann erhalten Sie weitere Schreiben, die mit immer härteren Androhungen versuchen sollen, Sie unter Druck zu setzen und so zur Zahlung zu bringen. Rechtlich gegenstandslose Einschüchterungsversuche wie Lohn- oder Kontopfändung, Vollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher oder auch eine angedrohte Anzeige wegen Betrugs sind einschlägige Argumente, mit denen Sie eine eher unseriöse Inkassofirma konfrontiert. In jedem Falle können Sie sich auch über die Existenz eines Inkassounternehmens informieren, wenn Ihnen ernste Zweifel aufkommen. Recherchieren Sie hierfür im Internet oder überprüfen Sie die Angaben des Absenders im sogenannten Rechtsdienstleistungsregister.

So lange Sie sich nichts vorzuwerfen haben und die Forderungen unbegründet sind, können Sie Briefe von Inkassofirmen im Grunde ignorieren. Widersprechen Sie einmalig, dokumentieren Sie den Schriftverkehr und wenden Sie sich gegebenenfalls an eine Schuldnerberatung, einen Rechtsanwalt für Verbraucherrecht oder eine der Verbraucherschutzzentralen. Im Extremfall steht es Ihnen auch frei, Anzeige gegen ein Inkassobüro zu erstatten oder sich beim „Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen“ (BDIU) zu beschweren.

Eine konkrete Obergrenze für Aufschläge durch ein Inkassounternehmen hat der Gesetzgeber bis heute nicht vorgegeben. Bei Forderungen, die ursprünglich im Rahmen bis zu 500 Euro liegen, sollten die Nebenkosten durch eine solche Firma nicht mehr als etwa 45 bis 50 Euro betragen. Hinzu kommen die weiteren Auslagen, von denen einige laut NDR.de keine erstattungsfähige Kosten im Sinne der Rechtsverfolgung darstellen. Dazu zählen etwa die Ihnen berechneten Aufwendungen für Ihre Identitätsfeststellung, Gebühren zur Kontoführung, die anlasslose Wohnsitzermittlung oder auch entstandene Kosten für Ihre Bonitätsauskunft.

Fazit

Für den Fall, dass Sie Post von einem Inkassounternehmen bekommen, sollten Sie nicht vorschnell oder in Panik reagieren. Häufig wird eine Drohkulisse aufgebaut, die Sie eher einschüchtern soll, als dass diese der Realität entspricht. Solche Firmen haben keine Vollstreckungsgewalt, auch wenn sie mitunter so auftreten. Bewahren Sie Ruhe und finden Sie den Grund für ein solches Verfahren heraus. Verlangen Sie immer Auskunft über die Hintergründe vermeintlicher Forderungen gegen Sie. Damit gewinnen Sie nicht nur etwas Zeit, sondern können womöglich schon Abzocker entlarven.

Bei einer berechtigten Forderung bleibt Ihnen nicht viel mehr übrig, als diese zu bezahlen. Überprüfen Sie die Zusatzkosten und streben Sie eine gütliche Einigung an, um vielleicht noch etwas zu sparen. Liegt der Forderung eine unbegründete Rechnung zu Grunde, sollten Sie mit Widerspruch und Hartnäckigkeit reagieren. Wenn die Forderungen Ihnen gegenüber haltlos sind, müssen Sie klar und deutlich widersprechen. Seriöse Inkassofirmen lassen sich in der Regel auf einen Dialog ein und können ihre Ansprüche Ihnen gegenüber glaubhaft belegen. Haben Sie es mit einem unseriösen Unternehmen zu tun, sollten Sie dagegen vorgehen und sich fachkundige Beratung holen. Beachten Sie stets die Einhaltung aller (Widerspruchs-)Fristen sowie die sorgfältige Dokumentation des Schriftverkehrs. Der beste Rat ist aber, sich rechtzeitig um die Zahlung offener Rechnungen zu kümmern und damit mögliche Inkassoforderungen von Vornherein zu verhindern.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

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